Im November 1887 besucht der englische Maler Sir William Richmond in Friedrichsruh Bismarck und berichtet darüber.
Er ist durchaus bestrickend, liebenswürdig, nervös, ein durchaus feiner Mann. Ich fragte ihn, ob er wirklich der eiserne Bismarck sei. „Nein,“ sagte er, „meine Härte ist angelernt. Ich bin ganz Nerven, und zwar derartig, daß Selbstbeherrschung die einzige Aufgabe meines Lebens gewesen ist, und noch ist.“
Ich erzählte ihm, daß ich gestern abend gehört hätte, er sei nur einmal in seinem Leben ins Museum gegangen, und auch das nur, um sich vor dem Regen zu schützen, weil er keinen Regenschirm bei sich hatte. Er erwiderte: „Das ist ganz richtig, und ich bedaure es, aber 25 Jahre lang habe ich nicht einen Augenblick für mich gehabt und kann keine Ruhe finden, ehe mein alter König stirbt.“ –
Er sprach tief empfundene Worte über die Notwendigkeit, zart und freundlich mit Kindern zu verkehren, und fügte hinzu: „Ich bin sehr heißblütig und habe immer dagegen zu kämpfen, daß mich mein Temperament im Hause fortreißt ... Kinder sind unsere besten Richter!“ – Die Art und Weise, wie er mit seiner Frau und diese mit ihm verkehrt, ist geradezu entzückend. –
Bismarck: Ich habe Richard Wagner gekannt, aber es war mir unmöglich, mir etwas aus ihm zu machen ... In jedem Augenblick erhob Wagner Ansprüche auf Bewunderung. Er wollte immer der Erste sein. Dazu war ich aber zu beschäftigt. – Auch Musik zu hören, habe ich aufgegeben, ich kann die Melodie nachher nicht aus dem Kopfe kriegen, und dann lockt mir die Musik Tränen aus den Augen, und es ermüdet mich sehr, wenn ich mich habe rühren lassen.
Tim Klein, Der Kanzler. Otto von Bismarck in seinen Briefen, Reden und Erinnerungen, sowie in Berichten und Anekdoten seiner Zeit, Ebenhausen-München/Leipzig 1919, S. 337f.