Deutsche und Politik

    In einer Unterredung mit dem preußischen Landwirtschaftsminister Robert Lucius Ballhausen äußert sich Bismarck im Mai 1875 über die Einstellung der Deutschen zur Politik.

    „Den Deutschen fehle es an Selbstgefühl und Interesse für die innere Politik. Jeder beschäftige sich lieber mit der auswärtigen Politik und kritisiere diese, obschon er wenig davon wisse und verstehe. Eine geeinte Macht von fünf Millionen Preußen habe ganz Europa in Schach gehalten. Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende. Was sich grün macht, fressen die Ziegen. Deutschland in sich gefestigt, will nichts als sich selbst in Frieden überlassen bleiben und sich friedlich weiter entwickeln. In Territorialfragen gibt es für uns gar keine begehrenswerten Objekte des Ehrgeizes mehr. Wir haben schon jetzt mehr Polen, Dänen, Franzosen, als uns erwünscht sein kann. Wir halten Frieden, indem wir uns kampfbereit zeigen. Man greift nicht leicht jemand an, dem der Degen lose in der Scheide sitzt. Ein festgenietetes Kadettenschwert fürchtet niemand.“

    Bismarck-Erinnerungen des Staatsministers Freiherrn Lucius von Ballhausen, 4.-6. Aufl., Stuttgart/Berlin 1921, S.74 f.