In seinen „Gedanken und Erinnerungen“ berichtet Bismarck über seinen Kampf gegen die Revolution 1848 in Schönhausen.
Am 20. März 1848 meldeten mir die Bauern in Schönhausen, es seien Deputirte aus dem dreiviertel Meilen entfernten Tangermünde angekommen, mit der Aufforderung, wie in der genannten Stadt geschehn war, auf dem Thurme die schwarz-roth-goldene Fahne aufzuziehen, und mit der Drohung, im Weigerungsfalle mit Verstärkung wiederzukommen. Ich fragte die Bauern, ob sie sich wehren wollten; sie antworteten mit einem einstimmigen und lebhaften „Ja“, und ich empfahl ihnen, die Städter aus dem Dorfe zu treiben, was unter eifriger Betheiligung der Weiber besorgt wurde. Ich ließ dann eine in der Kirche vorhandene weiße Fahne mit schwarzem Kreuz [dem Abzeichen der Ritter des Deutschen Ordens] in Form des eisernen auf dem Thurme aufziehen und ermittelte, was an Gewehren und Schießbedarf im Dorfe vorhanden war, wobei etwa fünfzig bäuerliche Jagdgewehre zum Vorschein kamen. Ich selbst besaß mit Einrechnung der alterthümlichen einige zwanzig und ließ Pulver durch reitende Boten von Jerichow und Rathenow holen.
Dann fuhr ich mit meiner Frau auf umliegende Dörfer und fand die Bauern eifrig bereit, dem Könige nach Berlin zu Hülfe zu ziehen, besonders begeistert einen alten Deichschulzen Krause in Neuermark, der in meines Vaters Regiment „Carabiniers“ Wachtmeister gewesen war. Nur mein nächster Nachbar sympathisirte mit der Berliner Bewegung, warf mir vor, eine Brandfackel in das Land zu schleudern, und erklärte, wenn die Bauern sich wirklich zum Abmarsch anschicken sollten, so werde er auftreten und abwiegeln. Ich erwiderte: „Sie kennen mich als einen ruhigen Mann, aber wenn Sie das thun, so schieße ich Sie nieder.“ – „Das werden Sie nicht,“ meinte er. – „Ich gebe mein Ehrenwort darauf,“ versetzte ich, „und Sie wissen, daß ich das halte, also lassen Sie das.“
Otto von Bismarck, Gesammelte Werke. Neue Friedrichsruher Ausgabe, Abt. IV: Gedanken und Erinnerungen, bearb. von Michael Epkenhans und Eberhard Kolb, Paderborn u.a. 2012, S.17